Warum gute Agenturen auch Nein sagen und ein Pflichtenheft einfordern
Dec 01, 2025 — agenturradar.com
Manchmal geht’s ganz schnell: Die Anfrage ist da, das Budget steht, die Erwartung lautet „einfach loslegen“. Klingt verlockend! Vor allem, wenn Zeitdruck herrscht oder das Projekt schon lange auf dem Tisch liegt. Doch gute Agenturen treten an dieser Stelle manchmal auf die Bremse und das mit Recht!
Denn ein Projekt ohne klares Pflichtenheft ist wie ein Hausbau ohne Bauplan: Es geht vielleicht irgendwie los, aber das Risiko für Missverständnisse, Nachbesserungen und Frust auf beiden Seiten ist enorm hoch. Im Zweifel wird sogar vergessen, das Fundament zu gießen.
Kein Overhead, sondern Absicherung
Das Pflichtenheft gilt in vielen Kreisen als Relikt vergangener Wasserfall-Zeiten. Zu aufwendig, zu langsam, zu theoretisch, oftmals zu "monströs". Doch das ist ein Missverständnis. Ein Pflichtenheft, richtig gedacht, ist kein Selbstzweck, sondern ein gemeinsames Arbeitsdokument, das Klarheit schafft: Was genau soll entstehen, mit welchen Funktionen, Schnittstellen, Anforderungen, Restriktionen?
Für Agenturen ist es eine Form der professionellen Absicherung:
Wo sind Grauzonen?
Was ist explizit gewünscht und was nur vermutet?
Welche Annahmen könnten falsch sein?
Gute Agenturen wissen, je früher man diese Fragen stellt, desto besser das Ergebnis.
Warum „Nein“ manchmal der beste Projektstart ist
Es braucht Mut, aber es lohnt sich: Wenn Agenturen bei unklarer Ausgangslage nicht sofort „ja“ sagen und starten, sondern ein strukturiertes Vorgehen einfordern, schützt das beide Seiten.
Ein höfliches, aber bestimmtes „Bevor wir starten, sollten wir gemeinsam festhalten, was genau geliefert werden soll, sonst ist die Enttäuschung vorprogrammiert.“ ist oft der Grundstein für ein funktionierendes, partnerschaftliches Projekt.
Was zunächst wie ein Umweg wirkt, spart später Zeit, Budget und Nerven.
Wie viel Pflichtenheft braucht ein Projekt?
Nicht jedes Projekt braucht ein 40-seitiges Pflichtenheft mit UML-Diagrammen und Signaturfeldern. Aber jedes Projekt braucht eine klar dokumentierte Erwartungshaltung. Das kann auch einfach mal ein 5-seitiges, pragmatisches Dokument sein. Hauptsache, es regelt das folgende:
Welche Ziele verfolgt das Projekt?
Welche Funktionen sind „Muss“, welche „Nice to have“?
Welche Schnittstellen, Rollen, Datenflüsse sind relevant?
Was gehört ausdrücklich nicht zum Projektumfang?
Wer entscheidet im Zweifel?
Je nach Projektgröße und Reifegrad können hier auch agile Formate greifen: User Stories, Akzeptanzkriterien, einfache Flow-Diagramme oder Feature-Listen mit Prioritäten.
Wenn der Kunde drängelt: ruhig bleiben, aber erklären
Viele Auftraggeber sind überrascht, wenn die Agentur nicht direkt los sprintet. Hier hilft es, nicht mit Formalismus zu kommen, sondern mit Nutzenargumenten:
„Wir wollen sicherstellen, dass wir wirklich das entwickeln, was Ihr braucht.“
„Ein paar Tage Klärung jetzt ersparen Wochen Korrektur später.“
„Das ist keine Bremse, sondern unser Beitrag zu einem guten Projektergebnis.“
Erfahrungsgemäß überzeugt das! Vor allem dann, wenn man direkt einen Vorschlag macht, wie man gemeinsam zum Pflichtenheft kommt (z. B. per Workshop, Interview, kollaboratives Dokument).
Wer klar startet, kommt besser an
Ein Projekt, das ohne Plan beginnt, endet selten im richtigen Ziel. Gute Agenturen wissen das und übernehmen Verantwortung, indem sie früh für Klarheit sorgen. Auch wenn es bedeutet, erst mal „Nein“ zu sagen. Nicht, weil sie nicht liefern wollen, sondern weil sie liefern können wollen und zwar das Richtige.
Euch hat unser Beitrag zum Nachdenken angeregt, aber das Thema "Pflichtenheft" wirkt sehr groß? Sprecht gerne mit unseren Kollegen und schaut, ob Ihr die ersten Schritte nicht zusammen gehen könnt.